Thomas Langen Walther-Rathenau-Str. 14b 03044 Cottbus

Verwaltungsgericht Cottbus

Vom-Stein-Str. 27

03050 Cottbus

Klage

Gegen die

Stadtverordnetversammlung Cottbus, Stadtverwaltung Cottbus, Neumarkt 5, 03046 Cottbus

erhebe ich Klage gegen den Beschluß zur Zurückweisung meines Wahleinspruchs und beantrage die Aufhebung dieses Beschlusses sowie die Feststellung der Ungültigkeit der Kommunalwahl 2008.

Die Klage stützt sich auf folgende Punkte:

  1. (formal) Der Beschluß zur Zurückweisung meines Wahleinspruchs vom 4. Oktober 2008 gegen die Kommunalwahl vom 28. September 2008 ist auf der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 22.10.2008 gefallen. Das inhaltliche Ergebnis des Beschlusses ist aus dem öffentlichen Protokoll über die konstituierende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nicht ersichtlich; hier wird lediglich auf eine nicht frei zugängliche Beschlußvorlage verwiesen. Hiermit wird gegen das Öffentlichkeitsgebot verstoßen.

  2. (formal) Die gesetzlich vorgeschriebene Frist für die Zustellung des Beschlusses gemäß dem Gesetz über die Kommunalwahlen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz- BbgKWahlG), § 58 (1), von zwei Wochen ist deutlich überschritten worden. Die förmliche Zustellung erfolgte erst am 20.11.2008, also 29 Tage nach dem Beschluß. Die Rechtsgültigkeit des Beschlusses wird deswegen bestritten.

  3. (inhaltlich) Das Beschlußgremium (Stadtverordnetenversammlung Cottbus, StVV) ist auf die genannten unzureichenden rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an eine manipulationssichere und transparente, und damit in allen Schritten überprüfbare, Durchführung der Wahl nicht eingegangen, sondern beruft sich lediglich formal auf eine Genehmigung des Innenministeriums. Die geforderten Sicherheitsvorkehrungen sind lediglich behauptet, jedoch nicht überprüfbar, insbesondere nicht die gesicherte und unzugängliche Lagerung der Wahlcomputer außerhalb des Wahlzeitraums und unmittelbar vor und während der Wahl. Aus anderen Wahlkreisen im Land Brandenburg sind eklatante Verstöße gegen die Sicherheitsvorkehrungen bekannt; hier auf die Beweislast des Klägers bezüglich einer tatsächlich erfolgten Wahlfälschung zu verweisen, verstößt auch mittelbar gegen das Transparenzgebot, da durch die technische und organisatorische Intransparenz des Wahlvorganges bei gleichzeitiger Erhöhung der Komplexität die Überprüfungsmöglichkeit faktisch unterbunden ist. An der Richtigkeit der Wahl sind aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit der Übereinstimmung der ermittelten Wahlergebnisse mit dem tatsächlichen Stimmverhalten und manch überraschender Wahlergebnisse erhebliche Zweifel angebracht, insbesondere in Hinblick auf die Manipulationsmöglichkeiten für verwaltungsnahe Innentäter. Daß solche Zweifel bei der Verwendung von Wahlcomputern angebracht sind, wird durch die nachgewiesene Manipulationsmöglichkeit für die verwendeten Nedap-Wahlcomputer sowie bei den fragwürdigen Ergebnissen von mit Wahlcomputern allgemein durchgeführten Wahlen in Europa und den Vereinigten Staaten belegt. Die Zweifel sind der StVV spätestens seit meinem Einspruch gegen die Oberbürgermeisterwahl 2006 bekannt oder hätten es sein müssen, ohne daß hieraus entsprechende Konsequenzen hinsichtlich einer rechtsstaatlich einwandfreien Durchführung der Wahl gezogen wurden. Die Berechtigung der Zweifel an den Wahlergebnissen, zeigt das fragwürdige Ergebnis der Auszählung der in herkömmlicher Form durchgeführten Kommunalwahl in Frankfurt (Oder), über deren Neuauszählung derzeit entschieden wird. Eine solche Neuauszählung und damit die Überprüfung des tatsächlichen Wahlergebnisses wäre in Cottbus nicht möglich, da das Ergebnis lediglich als Datensatz auf einem Datenträger vorliegt.

  4. (inhaltlich) Gegen die Durchführung der letzten Bundestagswahl mit gleichartigen Wahlgeräten sind derzeit eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig; ich verweise auf die in diesem Verfahren genannten Mängel, die in dieser Form auch für die Kommunalwahl 2008 in Cottbus zutreffen. Nach der mündlichen Vorverhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 28. Oktober 2008 in Sachen "Wahlcomputer" erwarte ich einen Widerspruch gegen die Zulassung für die genannten Wahlcomputer durch das BVerfG. Selbst wenn das BVerfG aufgrund der zeitlichen Nähe der nächsten regulären Bundestagswahl eine Wiederholung der Bundestagswahl von 2005 in den Wahlcomputer verwendenden Wahlkreisen verwirft, ist der Fall in Cottbus anders gelagert: Hier haben sich die für die Wahl Verantwortlichen in Kenntnis erheblicher Mängel hinsichtlich der Manipulationssicherheit sowie der anhängigen Verfassungsklage für eine Nutzung der Wahlgeräte entschieden; auch aus diesem Grund -und aufgrund der zeitlichen Nähe der beanstandeten Wahl- ist eine Wiederholung der Kommunalwahl mit herkömmlichen Mitteln unabdingbar, um berechtigte Zweifel an deren Ergebnis auszuräumen.

Diese Klage ist innerhalb der Frist gemäß § 58 (2) BbgKWahlG von einem Monat nach Bekanntgabe eingereicht. Der Streitwert bemißt sich laut Streitwertkatalog 2004, Nr. 22.1.1 nach dem Auffangwert von 5000 €.

Cottbus, 14. Dezember 2008

Thomas Langen

Kopien als Anlagen:

  1. Mein Einspruch gegen die Gültigkeit der Kommunalwahl in Cottbus vom 4. Oktober 2008

  2. Niederschrift über die konstituierende Tagung der Stadtverordnetenversammlung (V. Wahlperiode) am 22.10.2008

  3. Bescheid über die Wahlprüfungsentscheidung vom 04.10.2008

Beweismittel:

  1. „Nedap/Groenendaal ES3B voting computer, a security analysis“ („ Nedap/Groenendaal ES3B Wahlgeräte, eine Sicherheitsanalyse“

  2. „Wahlgeräte in der Kritik“, Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zum Bericht „NEDAP/Groenendaal ES3B voting computer – a security analysis“ vom 9.10.2006

  3. Statement von Herbert Schulze Geiping, Geschäftsführer der HSG Wahlsysteme GmbH, Zu der Nachricht „Bürgerinitiative in den Niederlanden hackt Nedap Wahlmaschine“

  4. „PTB bestätigt Nichteignung: Wahlcomputer grundsätzlich unsicher“, Pressemitteilung des Chaos Computer Club vom 13.11.2006

  5. „Intrekking Regeling voorwaarden en goedkeuring stemmachines1997“ (Einzug der Regelung bezüglich der Genehmigung von Wahlautomaten 1997“, Erlaß des niederländischen Staatssekretärs für innere Angelegenheiten vom 19. Oktober 2007), http://www.wijvertrouwenstemcomputersniet.nl/images/b/b1/SC82677.pdf

  6. „Keuring van de Nedap stemmachine ESD-1 met aanpassingen voor gebruik in Nederland“ („Prüfung des Nedap-Wahlgerätes ESD-1 mit Anpassungen zum Gebrauch in den Niederlanden“)

  7. „Bericht zur Wahlbeobachtung in Brandenburg am 28. September 2008“ vom Chaos Computer Club vom 27. Oktober 2008

  8. Spiegel Online: „CCC fordert Verbot von Wahlcomputern“, auch die Lausitzer Rundschau berichtete

  9. Mündliche Verhandlung in Sachen „Wahlcomputer“, http://www.bundes­verfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg08-085.html, sowie Berichte in diversen Presseerzeugnissen (z.B. http://www.zeit.de/online/2008/44/wahlcomputer-verfassungsgericht, http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,587061,00.html)